Samstag, 18. April 2015

Kambodscha- Das bisher widersprüchlichste und krasseste Land

Nach fast 3 Wochen Kambodscha, hat sich dieses Land als eines der widersprüchlichsten und facettenreichsten auf unserer Reise bisher gezeigt.

Das Zeitalter der Khmer, die das Angkor Wat gebaut haben (siehe Blogeinträge vorher) und bauliche aber vor allem kulturelle unglaubliche Leistungen hervorgebracht haben (Angkor hatte damals 1 Millionen Einwohner, während Paris, Berlin und London noch so bei 30.000 rumgeknappst haben und schon mit diesen Einwohnerzahlen überfordert waren). Die ein Land kontrolliert haben, was sich in komplett Südostasien ausgebreitet hat, unangefochtenen geherrscht haben und weltweit zu dem Zeitpunkt wohl am weitesten entwickelt waren.

Beeindruckende Steinmetzarbeiten
Dann der langsame Zerfall, der bis zu einer französischen Kolonie ging (echt bittere Vorstellung…), die hier nicht nur Gutes hinterlassen hat.

Dann der komplett aus dem Ruder gelaufene Vietnam Krieg, der bis heute jeden Tag schwere Verletzte und Tote fordert, durch die Millionen von Minen und Blindgänger, die noch vor allem auf dem Land überall im Boden liegen und durch Regenfälle und Erosion überall auftauchen können. (Die US Armee hat um den Vietcong zu schaden auf das damals neutrale Kambodscha 550.000 Tonnen Bomben abgeworfen; das machte so ca 70kg für jeden Kambodschaner.)

Gefundene Waffen und Granaten
Man versteht hier, was dieser Krieg in dieser Region ausgelöst und zerstört hat und wie menschenverachtend die Politik des Westens in Südostasien die letzten 40 Jahre war.

Auf den Terror der USA ist dann der Terror der Roten Khmer gefolgt, die die Bevölkerung innerhalb von 4-5 Jahren von 7 Millionen Menschen auf 4 Millionen Menschen reduziert haben.

Wie man andere Völker versucht auszulöschen, haben wir in Deutschland vor 80 Jahren ja perfektioniert, aber hier hat die damalige Regierung einfach das eigene Volk abgeschlachtet, nur weil es nicht in ihr Menschenbild hineingepasst hat (Stadtbewohner, Intellektuelle die z.B. eine Fremdsprache konnten, Brillenträger, Nerds und Menschen die einfach keinen Bock hatten 16 Stunden am Tag auf einem Reisfeld zu arbeiten und dafür eine Schale mit Reis zu essen zu bekommen.. Also einfach Menschen wie ich).

Gerade das Killingfield von Phnom Penh, auf dem man sogar auf den Wegen noch Knochen und Kleiderreste der mit Bambusstöcken und Macheten Hingerichteten findet, und die ausgestellten 6000 Schädel zeigen, wie abartig Menschen doch sind.

Knochen und Kleider im Boden
6000 Köpfe
Wie ihr seht, ist dies ohne etwas echt üblen Zynismus nicht einfach zu ertragen, vor allem wenn man die jetzige Situation dieses Landes noch betrachtet.

Das Durchschnittseinkommen liegt bei ca. 150€ im Monat und Kambodscha ist eines der Länder mit der schlechtesten Perspektive der Welt. Aber der Reichtum der Oberschicht, der zum Teil in der Hauptstadt zur Schau getragen wird, ist unglaublich und oft ekelhaft. 

Rolls Royce, BMWs, usw. fahren hier durch die Straßen, einige Gebäude sehen aus als hätte sie Bill Gates persönlich gebaut und im Bankenviertel kann sich auch ein Europäer kaum einen Kaffee leisten. 

Die gleichen Menschen, die damals die Roten Khmer befohlen haben, sind zum Teil bis heute in der Regierung. Diese ist unglaublich korrupt und zunehmend wird das, was im Land noch von wert ist, von Investoren aus der ganzen Welt unkontrolliert aufgekauft (z.B. die Insel, auf der wir waren, mit 2000 Einwohnern, gehört einem chinesischem Investor).

Unkontrolliert ist dies Land absolut. Wenn jemand mal Anarchie erleben will, kann er das hier tun. Die Polizei ist komplett korrupt (sie wird auch nicht vom Staat bezahlt) und tut auch nichts um „Gerechtigkeit“ zu schaffen. 

In den Touriorten sieht man immer wieder ekelhafte, alte „weiße“ Säcke, die mit einer Khmer rummachen, die eher wie 15 als 20 Jahre alt aussieht. Da die Prostitution in Thailand zu teuer wird und auch weibliche Thais zunehmend eine Perspektive haben, verschiebt sich dieses Gewerbe Richtung Kambodscha und die anderen südostasiatischen Staaten.

Weil wir Europäer halt in vielen Bereichen auf billig stehen….

Was aber unglaublich ist, ist wie die einfachen Menschen dies hier alles ertragen. Wie sie trotz allem höflich und geordnet auch miteinander umgehen (trotz fast so vielen Waffen pro Kopf wie in den USA). Die Menschen hier haben so viel unsagbares Leid erlebt, dass sie wohl alles andere irgendwie ertragen. Sie saufen und rauchen viel (habe noch nie so billig Markenalkohol (z.B. 1l Bacardi 6€) und Zigaretten (Stange 5€) gesehen) und spielen um Geld... aber das kann man ihnen kaum vorwerfen..

Und so ist die Zeit hier auch echt schön, trotz der 40 Grad und 80% Luftfeuchtigkeit. Die Landschaft hat ihren eigenen Charme und Kinder lächeln einem zu und präsentieren Stolz ihre neu gelernten englischen Worte.

Man kann diesen Menschen hier nur alles Gute wünschen. 

Und eine Politik im Land, aber vor allem im Westen, die nicht mehr darauf scheißt, wie es den einfachen Menschen auch im Ausland geht.



3 Kommentare:

  1. Hinzu kommt noch die Textilindustrie, die die Leute ausbeutet, siehe Spiegel Nr. 16/2015 Seite 62, wo eine Textilarbeiterin berichtet, dass sie entlassen wurde, weil sie während der Arbeit eine Mango essen wollte, da sie schwanger war, und 200 andere wurden ebenfalls entlassen, die sich mit ihr solidarisiert hatten.

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  2. Und wir im Westen ziehen womöglich Kleider aus solchen Fabriken an!

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  3. Ich hab gerade mal wieder eine Sportjacke gekauft: Stoff in der Schweiz produziert, geschnitten in Bangladesh... eigentlich völliger Wahnsinn

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